Patientinnen und Patienten müssen im ländlichen Raum oft weite oder umständliche Strecken zurücklegen, um medizinische Einrichtungen zu erreichen. Zum einen wegen der geringen Versorgungsdichte, zum anderen wegen der schlechten Infrastruktur. Das gleiche gilt prinzipiell auch für medizinisch relevante Proben, die zum Beispiel aus der Landärztinnenpraxis so schnell und sicher wie möglich in ein passendes Untersuchungslabor gebracht werden müssen. Während bei Flugtaxis noch erheblicher Entwicklungsbedarf besteht, ist man beim Transport von kleineren Gütern schon erheblich weiter. Es handelt sich hier nämlich um ein sehr dynamisches Feld, das sich unheimlich schnell entwickelt. So gehen Prognosen davon aus, dass der Markt für Transportdrohnen bis zum Ende des 21.ten Jahrhunderts durchschnittliche Wachstumsraten von mehr als 40 Prozent aufweisen wird. So werden Drohnen schon bald eine große Hilfe sein, wenn es darum geht, beispielsweise Blutproben oder Biopsie-Material in infrastrukturschwachen Regionen schnell und unkompliziert von A nach B zu schaffen.
Das steckt hinter dem Projekt KIMoNo
Wer bei KIMoNo an ein Kleidungsstück denkt, liegt in der Vermutung mächtig falsch. Die Abkürzung KIMoNo steht für KI-basierte, typübergreifende Mobilitätsoptimierung in non-urbanen Regionen. An diesem Forschungsprojekt sind neben der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) einige weitere Projektpartner beteiligt. Dazu gehören unter anderem die Universität Passau, die Kinderklinik Dritter Orden in Passau, das MVZ Labor Passau oder das Unternehmen Quantum Systems. Im Projekt wird erforscht, wie der Einsatz von verkehrszweigübergreifenden Transportmöglichkeiten, wie Transportdrohnen, die medizinische Versorgung im ländlichen Raum verbessern kann. Mit ihnen können nämlich medizinisch relevante Proben vor allem bei Notfällen viel schneller zur Auswertung in die zuständigen Labore gebracht werden. Für Patientinnen und Patienten heißt das konkret: Raschere Diagnose und Therapie. Mittels Künstlicher Intelligenz sollen die Einsatzplanung sowie die Vorhersage des künftigen Drohnenbedarfs verbessert und eine automatisierte Planung der Probenlogistik ermöglicht werden. Drohnen sollten schließlich so stationiert werden, dass sie Orte mit erhöhtem Bedarf schnell erreichen. Daher ist es wichtig, dass mithilfe von KI laufend Prognosen aus den zur Verfügung stehenden Daten für den Alltagsbetrieb bereitgestellt werden. Weitere Vorteile des Einsatzes von Drohnen sind, dass sich die Betriebskosten halbieren und CO2-Emissionen um gute 68 Prozent reduzieren. Damit stellt die Verwendung von Drohnen nicht nur eine Entlastung für das Transportpersonal, sondern auch einen positiven Effekt für die Umwelt dar.
Testflug
Im Mai 2024 kamen die Projektpartner am Rande des Bayerischen Waldes zusammen, um die bisher erlangten Ergebnisse vorzustellen. Getestet wurde ein konkreter Anwendungsfall, nämlich der Transport von Laborproben mittels einer Drohne des Projektpartners Quantum Systems. Die Route führte von einer Arztpraxis in der Marktgemeinde Ortenburg, die zwischen Donau und Rott in einer typischen niederbayerischen Hügellandschaft liegt, zum knapp 20 Kilometer entfernten MVZ-Labor in Passau Wörth. Es dauerte etwa 25 Minuten, bis das Flugobjekt an seinem Bestimmungsort eintraf und die Probenbehälter sicher ablieferte. Die Drohne würde momentan zeitgleich mit jemanden ankommen, der dieselbe Strecke mit dem Auto zurücklegt. Warum das so ist, dazu gleich mehr. Der Testflug wurde insgesamt als Erfolg eingestuft, da Start, Landung und Überwachung des Flugs nach Wunsch funktionierten.
Aufgabe des TC Freyung
Der Technologie Campus Freyung entwickelt im Rahmen von KIMoNo eine webbasierte Informationsplattform weiter, welche die flug- und drohnenrelevanten Parameter überwacht. So wird unter anderem eine funktionierende Kommunikation zwischen Mensch und Drohne gewährleistet. Auf einem Bildschirm kann der Flug der Drohne auf einer Karte beinahe in Echtzeit mitverfolgt werden. Das Icon der Drohne wandert meist nicht, wie von vielen wahrscheinlich angenommen, in einer geraden Linie vom Start zum Endpunkt, sondern formt eine mit Biegungen und Kanten versehene Flugbahn auf den Bildschirm. Dabei handelt es sich allerdings nicht um einen Flugfehler, denn Drohnen unterliegen bestimmten Regularien und dürfen demnach nicht jedes Gebiet überfliegen. Dies stellt momentan noch die größte Herausforderung dar, welche die Verwendung von Drohnen mit sich bringt und daher noch viel Potential in diesem Bereich ungenutzt bleibt. Schließlich verlängert sich die Flugzeit durch die regulatorisch vorgeschriebene Route signifikant gegenüber einem Direktflug.
Fazit und Ausblick zum Projekt
Die Zeitersparnis bei Flügen mit Drohnen gegenüber einer Autofahrt liegt nach Analyse der Projektpartner also momentan nur bei etwa drei Prozent. Warum lohnt sich das Vorhaben trotzdem? Gegenwärtig holt jeder Labor-Fahrdienst die Proben an Werktagen zu einer festgelegten Uhrzeit nacheinander bei den Arztpraxen ab. Hierbei existieren festgelegte Routen, die eingehalten werden müssen. Das heißt, wird aktuell eine Probe von derselben Arztpraxis aus Ortenburg wie bei dem Testversuch abgeholt, braucht sie ungefähr eine Stunde, um im Labor anzukommen. Die Proben der zuvor abgefahrenen Praxen noch länger. Manche würden vermutlich einwerfen, dass man die Probe auch selbst ins Labor bringen kann und damit genauso schnell wie die Drohne wäre. Das ist natürlich richtig, aber schließlich geht es hier vor allem auch um Notfälle. Würdest du die wichtigen Proben von dir oder etwa deinem Kind selbst ins Labor bringen? Oder würdest du nicht lieber bereits in die Klinik fahren, wo man in der Zwischenzeit wichtige Untersuchungen durchführen kann, bis die Laborbefunde kurze Zeit später digital vorliegen? Der zusätzliche Einsatz von Drohnen würde sich in dringenden Fällen also definitiv rentieren, vor allem wenn zusätzlich noch die geltenden Regularien den Zwecken entsprechend angepasst würden.
Das Vorhaben der THD und seiner Projektpartner demonstriert also, dass sich der Aufwand von drei Jahren Projektlaufzeit und 175.000 Euro Budget seitens der THD trotz aller Hindernisse gelohnt hat und Drohnen vielleicht schon in naher Zukunft dazu eingesetzt werden können, die medizinische Versorgung im nicht-urbanen Raum zu verbessern. Das Projekt läuft noch bis Ende 2024, wobei unter den Projektpartnern ein großes Interesse besteht, die behandelten Thematiken auch in künftigen Förderausschreibungen aufzugreifen und die Zusammenarbeit weiter auszubauen. „Das Projekt KIMoNo ist für uns ein spannendes Thema, welches in guter Zusammenarbeit der Projektpartner bearbeitet werden konnte. Wir hoffen, dass wir damit einen kleinen Beitrag zur Gestaltung der Mobilität in der Zukunft geleistet haben und auch in neuen Projekten weiterhin die Möglichkeit dazu bekommen“, erläutert Stefan Kunze, wissenschaftlicher Mitarbeiter des TC Freyung.