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Lärm im Ohr

23.4.2013 |

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Lärm im Ohr - Medientechniker vermessen Smartphones am künstlichen Ohr.

Die Hochschule Deggendorf untersucht regelmäßig Auswirkungen von lauten Veranstaltungen, Hörgewohnheiten und Lärmbelastungen auf das Hörvermögen von Jugendlichen. Erste Studienergebnisse zeigen eine durchaus alarmierende Situation.

Schwerhörigkeit durch gewerblich bedingten Lärm ist die häufigste Berufskrankheit, so waren 2011 41 % aller von der Berufsgenossenschaft anerkannten Fälle auf Lärm zurückzuführen. Hinzu kommen weitere Gehörbelastungen durch laute Freizeitveranstaltungen und zu hohe Pegel beim Musikkonsum. Hierbei sind sowohl hohe impulsförmige Belastungen wie beispielsweise durch Silvesterböller oder Spielzeugpistolen problematisch als auch lange zeitliche Lärmeinwirkungen, da das Gehör die tägliche Einwirkzeit aufsummiert. „Als Faustregel kann angenommen werden, dass Schalle mit 90 dB Pegel acht Stunden lang angehört werden können. Eine Erhöhung um jeweils drei dB führt zu einer Halbierung der erlaubten Einwirkzeit, so dass ein Geräusch mit 93 dB nur noch 4 Stunden gehört werden darf und 96 dB nur 2 Stunden.“, so Dr. Gerhard Krump, Professor für Akustik an der Hochschule Deggendorf. „Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass dem Gehör wieder 16 Stunden weitgehend Ruhe gegönnt wird, also am gleichen Tag nicht zusätzlich laute Musik per Kopfhöher dargeboten wird.“

Untersuchungen an 200 Deggendorfer Studierenden haben ergeben, dass bereits 13 % eine Gehörschädigung von mehr als 20 dB aufweisen. Die Ursache ist nicht immer eindeutig zu ermitteln, aber viele geben entweder laute einmalige Schädigungen wie Böllerknall in unmittelbarer Gehörnähe oder langen und häufigen Musikgenuss mit hohen Pegeln per Kopfhörer an. Daher wurden in einer Studienarbeit die maximal einstellbaren Pegel von MP3-Playern untersucht und deren Konsumverhalten bei Studierenden abgefragt. Laut europäischer Normvorgabe sollte bei voller Lautstärkeeinstellung der Geräte ein maximaler Pegel von 100 dB(A) nicht überschritten werden. Von 19 untersuchten Geräten hielten jedoch nur fünf diese Grenze ein, so dass Schüler und Jugendliche, die sich über die schädliche Wirkung von lauter Musik nicht bewusst sind, je nach Herstellerfirma ihr Gehör beliebig lange mit bis zu 114 dB(A) belasten können. Irreparable Gehörschäden bereits in jungen Jahren sind hierdurch vorprogrammiert. Man hört nicht nur schlechter, sondern verliert auch die Fähigkeit, sich bei mehreren Stimmen auf eine zu konzentrieren und diese zu verstehen. Diese erstaunliche Eigenschaft des gesunden Gehörs wird als Cocktailparty-Effekt bezeichnet und kann durch moderne Hörgeräte bisher kaum korrigiert werden, so dass Schwerhörigkeit auch zu sozialer Isolation führen kann.

Weit verbreitete Smartphones können mittlerweile per entsprechender Applikation als Pegelmessgerät eingesetzt werden. Untersuchungen an der Hochschule Deggendorf zeigten jedoch, dass ihre Pegelanzeige nur bis max. 95 dB korrekt funktioniert. Bei höheren Pegeln stagniert die Anzeige bei 95 dB und suggeriert hierdurch einen zu geringen Pegelwert.

„Wir müssen den jungen Leuten unbedingt bewusst machen, dass sie ihr Gehör vor zu lauten Schallen schützen.“ erläutert Prof. Krump. „Herr Peter Meier hat in seiner Diplomarbeit ein sehr genaues Messsystem programmiert, so dass wir allen interessierten Personen anbieten können, ihre Ruhehörschwelle an der Hochschule ermitteln zu lassen. Im Studiengang Medientechnik sind diese Messungen sogar in den Lehrbetrieb integriert, um die jungen Leute zu sensibilisieren.“

Die Deutsche Gesellschaft für Akustik hat den 24. April 2013 wieder als „Tag gegen Lärm“ festgelegt und versucht, durch gezielte Aktionen auf die gehörschädigende Wirkung von Lärm in unserer technisierten Umwelt hinzuweisen.