27.7.2016 |
Beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt: Prof. Dr. Peter Sperber, Präsident der Technischen Hochschule Deggendorf (vorne), Bürgermeister Max Niedermeier (hinten v.l.), Wissenschaftsstaatssekretär Bernd Sibler, Landwirtschaftsminister Helmut Brunner, Regierungsvizepräsident Dr. Helmut Graf und Prof. Dr. Diane Ahrens, Leiterin des Technologiecampus Grafenau. − Fotos: Langesee)
Durch Technologiecampus am Stadtberg Leerstand beseitigt und Forschung in der Region vorangetrieben
Grafenau. Nun ist es offiziell: der Technologiecampus Grafenau (TCG), Technologietransferzentrum für angewandte Forschung in Supply Chain Management und Big Data, ist am Dienstagabend geweiht und eröffnet worden. Um die Bedeutung für die Region zu unterstreichen, kamen gleich zwei Mitglieder des bayerischen Kabinetts zur Feier in den Neubau am Stadtberg: Landwirtschaftsminister Helmut Brunner und Wissenschaftsstaatssekretär Bernd Sibler, der die Festrede hielt.
Als Hausherr begrüßte Bürgermeister Max Niedermeier die rund 100 geladenen Gäste. Mit der Eröffnung habe ein Projekt ein glückliches Ende gefunden, das ihm wegen der Standortfrage so manche schlaflose Nacht bereitet habe. "Doch durch die Unterstützung Minister Brunners wurde eine Lösung gefunden – zentrumsnah und finanziell tragbar."
Er dankte dem Stadtrat schon unter seinem Vorgänger Helmut Peter für die mutige Entscheidung. "Mit einer Bausumme von knapp zwei Millionen Euro sind wir an unsere finanzielle Schmerzgrenze gegangen. Aber das verdeutlicht auch den Stellenwert, den diese Einrichtung für uns hat", sagte Niedermeier und sprach allen, die am Bau beteiligt waren – von der Planung bis zur Ausführung – ein großes Kompliment aus.
Die Freifläche vor dem TCG, errichtet mit Mitteln aus der Städtebauförderung, war bei der Eröffnung ein beliebter Treffpunkt. Später wurde hier eine erste Partie Boccia gespielt und Open-Air-Kino geschaut.
Der Bürgermeister dankte dem Kreistag mit Landrat Sebastian Gruber und seinem Vorgänger Ludwig Lankl an der Spitze für die Genehmigung mehrerer 100000 Euro und den Verantwortlichen bei der Regierung von Niederbayern für Mittel aus dem Struktur- und Härtefonds der Städtebauförderung für die Freifläche vor dem TCG und die Parkgarage. Den Nachbarn dankte Niedermeier für ihr Verständnis während der Bauphase. "Der TCG ist ein Meilenstein für die nachhaltige Entwicklung des Stadtkerns. Hier ist jeder Euro gut angelegt", freute sich der Hausherr und wünschte den Campus-Mitarbeiter(inne)n und Leiterin Prof. Dr. Diane Ahrens, dass sie sich wohlfühlen und sich die Forschungseinrichtung gut entwickle.
Ein "Kontrahent" des Bürgermeisters war Prof. Dr. Peter Sperber, Präsident der Technischen Hochschule Deggendorf (THD), zu der die Außenstelle Grafenau gehört. "Wir haben lange gekämpft. So ist es, wenn ein niederbayerischer auf einen oberpfälzischen Sturschädel trifft. Sie wollten ins Stadtzentrum, ich in kein altes Gebäude", sagte er an Niedermeier gewandt. "Mit dem Neubau haben wir die Traumlösung gefunden."
Sperber dankte dem Wissenschaftsministerium für die Anschubfinanzierung und Minister Brunner durch seine Hilfe mit einer Projektidee, durch die eine Delle in der Anfangsphase "ausgebeult" werden konnte: "Durch das Forschungsprojekt zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung wurde der Campus auch in eine andere, zukunftsfähige Ausrichtung gebracht – von Logistik zu Big Data ." Die treibende Kraft dahinter sei Campusleiterin Ahrens: "Sie leistet fantastische Arbeit und hat einen unglaublichen Elan", lobte Sperber. Diese Arbeit trägt Früchte: " Es gibt viele Aufträge für den Big Data-Campus von privaten Investoren." Besonders stolz ist der THD-Präsident, dass Grafenau eine von zehn Professuren für "Big Data Applications" bekommen habe.
Schon in der kurzen Zeit seines Bestehens, habe der TCG zur Belebung der Innenstadt beigetragen. Das sei ein Beispiel für die Synergien, die Campi erzeugen können – auch mit anderen Campi als Partner, wie z.B. beim Projekt E-Wald. "Hier wurde mit überschaubaren Mitteln was Großes geschaffen", ist Sperber überzeugt.
Das sah auch Festredner Bernd Sibler so: "Die Technologietransferzentren sind für den ländlichen Raum zum Erfolgsmodell geworden. Jetzt stellt sich auch Grafenau in diese Reihe." Wissenschaft und Forschung erhöhten die Attraktivität einer ganzen Region. Große Firmen, die in den Metropolen keine Wachstumsmöglichkeiten mehr haben, könnten ihren Blick hinaus richten und das Potenzial in der Fläche sehen. "Im Bayerischen Wald haben wir viele Talente. Das ist eine Chance für Firmen und für junge Menschen, die nicht zwingend zum Arbeiten wegmüssen", sagte Sibler.
In den 90-er Jahren seien viele Hochschulen peripher gegründet worden. Die THD habe dieses Konzept mit ihren Außenstellen klug weiterentwickelt und hochqualifizierte Arbeitsplätze geschaffen, wie Sibler an den positiven Beispielen der Technologietransferzentren Teisnach und Freyung festmachte.
Er dankte Brunner als Minister für ländliche Entwicklung für dessen vorbildlichen Einsatz. Der erinnerte an die schwierige Anfangszeit, neben Freyung und Spiegelau einen dritten TC in Grafenau einrichten zu dürfen, aber: "Die Eigeninitiative der Stadt Grafenau und der Forschungsnetzwerkpartner Logistik sowie die tolle Vorarbeit haben es deutlich erleichtert, bei der Kabinettssitzung im März 2013 in Passau die Entscheidung für den TCG herbeizuführen." Damit hätten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden können: die Beseitigung eines Großteils der Leerstände in der Stadt und das Vorantreiben der Forschung im ländlichen Raum. Brunner dankte der Stadt, dem Landkreis, der THD und den beteiligten Ministerien und Förderstellung für die "kluge Weichenstellung".
Der TCG ist "nicht von Horst gegeben", bestätigte auch Landrat Gruber, sondern man musste am Kabinettstisch was dafür tun. Dafür dankte er Brunner und Sibler. Die Initiative sei aus der Region selbst gekommen und vor allem zwischen 2008 und 2014 vorangetrieben worden. Dafür dankte der Landrat allen Akteuren, vor allem seinem Vorgänger Lankl, Arthur Winkler (Fa. SCS) und Wirtschaftsreferent Ralph Heinrich. Er wünschte dem Campus eine "gute, gedeihliche Zukunft".
Einblick in die Campus-Arbeit gab schließlich Leiterin Ahrens. Für die Zukunft formulierte sie den Ausbau der Sensorik als optimalen Lückenschluss. Ein nächster Schritt zum Aufbau des "Silicon Forest", des Weitblicks auf dem Wald....
29.09.2016 | PNP – FRG/Regionalausgabe